Der **Bartgeier** (*Gypaetus barbatus*), auch bekannt als Lämmergeier, ist einer der majestätischsten Greifvögel Europas und bewohnt die Gebirgsregionen der Pyrenäen, wo er im 20. Jahrhundert wieder erfolgreich angesiedelt wurde.
Verbreitung und Geschichte:
Der Bartgeier war einst weit in Europa verbreitet, insbesondere in den Alpen, den Pyrenäen und anderen Gebirgsregionen. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde er jedoch durch Bejagung und Vergiftung fast vollständig ausgerottet. Viele Menschen sahen ihn fälschlicherweise als Bedrohung für Nutztiere an, besonders für Schafe und Ziegen, was seinen Bestand dramatisch dezimierte. In den Pyrenäen war der Bartgeier eine der letzten Regionen Europas, wo er überlebte.
Heute findet man ihn vor allem in den Pyrenäen, aber auch in den Alpen, im Kaukasus und Teilen Asiens. In den Pyrenäen sind die Bemühungen um seinen Schutz und die Wiederansiedlung besonders erfolgreich. Durch strenge Schutzmaßnahmen und die Aufklärung der Bevölkerung haben sich die Bestände stabilisiert, und der Bartgeier ist zu einem Symbol für den Naturschutz in der Region geworden.
Lebensweise:
Der Bartgeier ist ein spezialisierter Aasfresser, was ihn zu einem wichtigen Glied im Ökosystem macht. Er ernährt sich fast ausschließlich von Knochen, die er von verendeten Tieren findet. Um an das Knochenmark zu gelangen, lässt er die Knochen aus großer Höhe auf Felsen fallen, um sie zu zerschmettern. Diese einzigartige Strategie macht ihn zu einem faszinierenden Vogel, der sich von den meisten anderen Greifvögeln unterscheidet. Sein Lebensraum sind die hochalpinen Gebirgsregionen, in denen er Klippen und steile Felswände bevorzugt, die ihm Schutz und gute Nistmöglichkeiten bieten. Der Bartgeier ist ein ausgezeichneter Flieger, der stundenlang ohne Flügelschläge in der Luft gleiten kann, während er nach Nahrung sucht.
Fortpflanzung und Nachwuchs:
Die Fortpflanzungszeit des Bartgeiers beginnt im Winter, normalerweise im Dezember oder Januar. Das Paar baut sein Nest in unzugänglichen Felsnischen, das aus Ästen, Wolle und Haaren besteht. Bartgeier sind monogam und bleiben oft ein Leben lang mit demselben Partner zusammen. Das Weibchen legt in der Regel ein bis zwei Eier, aber nur selten überleben beide Jungvögel, da der stärkere oft den Schwächeren aus dem Nest verdrängt. Die Brutzeit dauert etwa 50 bis 60 Tage, und nach dem Schlüpfen werden die Jungtiere noch mehrere Monate von beiden Eltern versorgt. Junge Bartgeier sind nach etwa 4 bis 5 Monaten flugfähig, bleiben aber oft noch eine Weile in der Nähe der Eltern, bevor sie sich ein eigenes Revier suchen. Der Bartgeier hat eine sehr niedrige Fortpflanzungsrate, was seine Erhaltung zusätzlich erschwert.
Bedrohungen und Schutzmaßnahmen:
Obwohl sich der Bestand des Bartgeiers in den Pyrenäen dank intensiver Schutzmaßnahmen erholt hat, bleibt die Art bedroht. Illegale Vergiftungen, Kollisionen mit Stromleitungen und die Reduzierung von Nahrungsquellen durch die Verringerung der Nutztierbestände sind nach wie vor große Gefahren. Um den Bartgeier zu schützen, wurden in den Pyrenäen verschiedene Programme zur Wiederansiedlung und Beobachtung ins Leben gerufen. Ebenso tragen Aufklärungsmaßnahmen dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung des Vogels im Ökosystem zu schärfen und Vorurteile abzubauen.
Viele der Schutzbemühungen konzentrieren sich auch darauf, die Nahrungsverfügbarkeit zu sichern, indem tote Tiere kontrolliert in der Wildnis belassen werden, damit der Bartgeier genug Aas findet. Der Bartgeier ist heute ein Symbol für den Erfolg des Artenschutzes und zeigt, wie durch menschliches Engagement eine Art vor dem Aussterben bewahrt werden kann. In den Pyrenäen fliegt er heute wieder majestätisch über die Gipfel und erfüllt seine Rolle im ökologischen Gleichgewicht der Region.