Einer der heiligsten Berge der Inka heisst Llullaillaco und erhebt sich auf 6742m über der Atacamawüste

Einer der heiligsten Berge der Inka heisst Llullaillaco und erhebt sich auf 6742m über der Atacamawüste
Der Llullaillaco – Gipfel des Glaubens und der Extreme
Der Llullaillaco erhebt sich auf 6.739 Metern Höhe im Hochland der Zentral-Anden, zwischen der Atacama-Wüste im Westen und der argentinischen Puna im Osten. Seine abgelegene Lage und extremen Bedingungen machen ihn zu einem der einsamsten Sechstausender der Welt. Gleichzeitig ist er von immensem archäologischem und historisch-kulturellem Interesse.

Präkolumbianische Besteigungen
Die älteste dokumentierte „Besteigung“ des Llullaillaco stammt nicht von modernen Alpinisten, sondern von den Inka selbst. Archäologische Funde am Gipfel belegen eindeutig, dass Menschen diesen Vulkan vor über 500 Jahren erklommen, vermutlich im Rahmen ritueller Opferzeremonien.

1999 wurde dies spektakulär bestätigt, als eine argentinisch-amerikanische Expedition unter Leitung von Johan Reinhard und Constanza Ceruti drei inkazeitliche Kindermumien am Gipfel entdeckte – perfekt konserviert durch Kälte und Trockenheit. Die Llullaillaco-Mumien, heute im Museum in Salta (Argentinien), zählen zu den am besten erhaltenen Mumien weltweit und gelten als bedeutendster Beleg für die religiöse Funktion hoher Berge in der Andenkultur.

Die moderne Besteigungsgeschichte
Die erste dokumentierte Besteigung (1950)
Die erste moderne Besteigung gelang am 1. Dezember 1950 zwei argentinischen Bergsteigern, Juan Harseim und Bión González, im Rahmen einer wissenschaftlich-militärischen Andenexpedition. Sie stiegen über die argentinische Seite auf. Ihre Route orientierte sich an Inka-Trassen und war sowohl logistisch als auch gesundheitlich eine enorme Herausforderung, da Höhenmedizin damals in den Kinderschuhen steckte.

Die Expedition von Hans-Ulrich Rudel (1952)
Weniger bekannt, aber historisch interessant, ist die deutsch-chilenische Expedition von 1952, an der auch der umstrittene ehemalige NS-Pilot Hans-Ulrich Rudel beteiligt war. Rudel, nach dem Zweiten Weltkrieg nach Südamerika ausgewandert, war Teil einer Gruppe, die mit Unterstützung des Instituts für Vulkanologie in Chile den Llullaillaco erforschte.

Seine Beteiligung wirft einen Schatten auf diese Episode, ist aber aus bergsteigerischer Sicht dennoch erwähnenswert: Die Expedition machte wichtige geologische Beobachtungen und war eine der ersten systematischen Unternehmungen zur Erforschung des Vulkanismus und der Altwege auf diesem Berg.

6990er – Wissenschaft und Archäologie
Ab den 1990er Jahren wuchs das Interesse an dem Llullaillaco deutlich, vor allem durch archäologische und vulkanologische Projekte. Forscher wie Johan Reinhard, der bereits auf anderen Andengipfeln (Ampato, Sara Sara) erfolgreich Inka-Funde gemacht hatte, organisierten zusammen mit der National Geographic Society und lokalen Behörden mehrere Expeditionen.
Die berühmte 1999er-Expedition, die die Mumien entdeckte, war hochprofessionell und kombinierte Archäologie, Höhenbergsteigen und Logistik auf höchstem Niveau. Das Team arbeitete in extremer Höhe über Tage hinweg am Gipfelplateau, unter widrigsten Bedingungen.

Organisation von Besteigungen heute
Heutzutage ist der Llullaillaco zwar nicht mehr völlig „unentdeckt“, aber bleibt dennoch ein Ziel für erfahrene Alpinisten, Forscher oder spirituell motivierte Reisende.

Die Besteigung ist logistisch komplex: Es gibt keine festen Routen, kaum Infrastruktur, kein fließendes Wasser und eine enorme Abhängigkeit vom Wetter. Zudem sind Genehmigungen auf beiden Seiten der Grenze nötig, insbesondere auf chilenischer Seite, wo das Gebiet teils als Nationalpark klassifiziert ist (Parque Nacional Llullaillaco).

Organisation durch Südamerika-Spezialisten
Expeditionen werden vor allem durch spezialisierte Reiseveranstalter durchgeführt, etwa:

https://www.suedamerikatours.de/bolivien/heilige-berge-der-inka

Diese Agentur organisiert regelmäßig professionell geführte Expeditionen auf den Llullaillaco – sowohl über Chile als auch über Argentinien. Sie stellen nicht nur Fahrzeuge mit Allradantrieb, sondern auch Satellitentelefone, Höhenzelte, Trägerpersonal, Kocher und Sauerstoff mit bereit. Zudem kümmern sie sich um Genehmigungen, Akklimatisationstouren und medizinische Notfallpläne.

Weitere spezialisierte Anbieter in Argentinien arbeiten oft mit lokalen Guides aus Salta oder San Antonio de los Cobres, häufig mit archäologischer Expertise.

Aktuelle Routen und Zustieg
Von Argentinien aus:
Start: meist in Salta oder Tolar Grande
Lange Fahrt über Schotterstraßen durch die Puna
Basislager bei ca. 4.800–5.200 m
Hochlager auf ca. 5.600 m

Gipfeltag mit rund 1.000 Höhenmetern, technisch leicht, aber konditionell fordernd
Von Chile aus:
Ausgangspunkt: Antofagasta oder San Pedro de Atacama
Sehr trockene Wüstenpiste, Zugang oft mit Permits durch CONAF
Lagerplatz meist auf 5.100 m
Längere, aber landschaftlich spektakuläre Route

Der Llullaillaco als kultureller und bergsteigerischer Grenzstein
Der Llullaillaco ist mehr als ein Vulkan. Er ist ein Ort zwischen den Welten: zwischen Himmel und Erde, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Glaube und Wissenschaft. Seine Besteigung erfordert nicht nur körperliche Fitness und Erfahrung mit Höhenbergsteigen, sondern auch Respekt vor seiner spirituellen und kulturellen Dimension.

Er bleibt – trotz GPS, Hightech-Equipment und 4x4-Zugängen – ein Berg, der seine Besucher prüft. Und belohnt, mit Weite, Stille und dem Gefühl, wirklich auf einem der letzten großen heiligen Berge der Welt gestanden zu haben.

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